Darlehnskassenscheine

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Beschreibungen

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Einführung

Am Freitag den 31. Juli 1914 erklärt der deutsche Kaiser Wilhelm II. auf Grund des § 68 der Verfassung per Verordnung das Reichsgebiet in Kriegszustand. Noch am gleichen Tage wurde der Gesetzgebungsvorgang zu den im Mobilmachungsfalle zu beschließenden Gesetzen und Verordnungen über "Wirtschaftliche Maßnahmen aus Anlass des Krieges" angestoßen. Hierunter befand sich auch der Entwurf eines Dahrlehenskassengesetzes, der am 4. August 1914 von Reichstag und Bundesrat beschlossen wurde.

Vorgeschichte

"Die Gesetzentwürfe lagen schon seit längerem bereit. Erste Fassungen waren vor der Jahrhundertwende angefertigt und seitdem mehrmals überarbeitet bzw. durch weitere Dokumente komplettiert worden. Sie waren sowohl vom Schatzamt und dem Reichsamt des Innern als auch von der Reichsbank entworfen und dann unter den beteiligten Ressorts abgestimmt worden. Die Zentralnotenbank betonte z.B. 1907 ausdrücklich ihren Anteil daran, was auch die Reichskanzlei ausdrücklich zur Kenntnis nahm" (6).

Darlehnskassengesetz

"In Berlin und an denjenigen Orten innerhalb des Reichs, an welchen sich Reichsbankhauptstellen befinden, sollen (...) Darlehnskassen errichtet werden (...) mit der Bestimmung (...) gegen Sicherheit Darlehen zu geben. Für den ganzen Betrag der bewilligten Darlehen soll unter der Benennung "Dahrlehnskassenscheine" ein besonderes Geldzeichen ausgegeben werden. Diese Scheine werden bei allen Reichskassen und bei allen öffentlichen Kassen in sämtlichen Bundesstaaten nach ihrem vollen Nennwert in Zahlung genommen; im Privatverkehre tritt ein Zwang zu deren Annahme nicht ein. Im Sinne des Bankgesetzes (...) stehen die Dahrlehnskassenscheine den Reichskassenscheinen gleich. Der Gesamtbetrag der Darlehnskassenscheine soll 1.500 Millionen Mark nicht übersteigen. Der Bundesrat wird ermächtigt, im Bedarfsfalle den Betrag der auszugebenden Darlehnskassenscheine zu erhöhen.

Die Verwaltung der Darlehnskassen übernimmt für Rechnung des Reichs unter der oberen Leitung des Reichskanzlers die Reichsbank, jedoch mit Absonderung von ihren übrigen Geschäften. Die allgemeine Verwaltung wird in Berlin durch eine besondere Bankabteilung unter der Benennung "Hauptverwaltung der Darlehnskassen" nach näherer Bestimmung des Reichskanzlers geführt.

Die Dahrlehnskassenscheine werden von der Reichsschuldenverwaltung ausgestellt und in den Grenzen des Höchstbetrags (...) nach Anordnung des Reichskanzlers der "Hauptverwaltung der Darlehnskassen" übergeben, welche die Verantwortung für die Ausgabe trägt. Vor der Ausgabe soll eine genaue Beschreibung der Dahrlehnskassenscheine durch die "Hauptverwaltung der Darlehnskassen" öffentlich bekanntgemacht werden. Die Dahrlehnskassenscheine werden auf Beträge von 5 Mark, 10 Mark, 20 Mark und 50 Mark ausgestellt.

Über die Ausstellung von Dahrlehnskassenscheinen auch auf höhere Beträge, sowie über das Verhältnis, in welchen von den einzelnen Abschnitten Gebrauch zu machen ist, werden vom Reichskanzler Bestimmungen getroffen. Die Kontrolle über die Ausfertigung der Darlehnskassenscheine übt die Reichsschuldenkommission. Der Reichskanzler hat den Betrag der Umlaufenden Darlehnskassenscheine monatlich zur allgemeinen Kenntnis zu bringen."(1)

Höchstbeträge

Der Höchstbetrag der auszugebenden Dahrlehnskassenscheine, der im Darlehnskassengesetz auf 1.500 Millionen Mark festgesetzt worden war, wurde auf Anordnung des Reichskanzlers am 11.11.1914 auf 3.000 Millionen Mark und in der Folge durch Beschlüsse des Bundesrats, der ab 15.4.1920 als Reichsrat bezeichnet wurde, entsprechend der folgenden Tabelle mehrfach angehoben.(2)

Tabelle 1: Anhebungen der zulässigen Höchstbeträge für in Betrieb befindliche Reichskassenscheine, nach (2)

Abschnitte

Durch Beschluss des Bundesrates wurde die Reichsschuldenverwaltung ermächtigt, nach Anordnung des Reichskanzlers außer den im Dahrlehnskassengesetz vorgesehenen Dahrlehnskassenscheinen in Abschnitten zu 5, 10, 20 und 50 Mark auch solche auf Beträge von 2 und 1 Mark auszustellen. Die dort aufgeführten Scheine zu 10 M sind jedoch nicht ausgegeben worden; die Ausgabe erübrigte sich durch die Ausgabe der Scheine zu 2 und zu 1 M, einer erhöhten Ausgabe der 5 M-Scheine und einer weiteren der Reichskassenscheine zu 10 M (Gesetz. v. 22.3.1915, RGBl. S.179), nach (2).

Tabelle 2: In Umlauf gegebene Abschnitte an Darlehnskassenscheinen, nach (2)
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Weitere Stückelungen, als die in der Tabelle angegebene Abschnitte, wurden wegen fehlender gesetzlicher Grundlagen nicht in Umlauf gegeben. Gleichwohl wurden Abschnitte mit höheren Nennwerten ausgefertigt. Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Abwendung der Zahlungsmittelknappheit Ende 1918 führte das Reichsbankdirektorium im Verwaltungsbericht für das Jahr 1918 über die Dahrlehnskassenscheine großer Abschnitte aus:

"Die noch vorhandenen vier Privatnotenbanken verstärkten in dankenswerter Weise ihre Notenausgabe bis an die Grenze der Zulässigkeit. Die Bayerische Notenbank, die Würtetembergische Notenbank und die Badische Bank erhielten auf gesetzlichem Wege die Ermächtigung, diese Grenze wesentlich zu erhöhen. Die nach dem Bankgesetz erforderliche Deckung für die Mehrausgabe an Noten wurde von der Reichsbank in Dahrlehnskassenscheinen über hohe Beträge zur Verfügung gestellt, die gemäß §18 Abs. 1 Satz 2 des Darlehnskassengesetzes vom 4. August 1914 (R.G.Bl. S. 340) ausgefertigt sind und nur zur Notendeckung Verwendung finden können." (3)

Erste Anfertigung

[Bereits] 1912 waren die technischen Vorbereitungen für die Ausgabe der Darlehnskassenscheine "in weitestem Maße" gediehen. Die benötigten Maschinen standen ausschließlich für diesen Zweck bereit, und große Mengen der Scheine waren schon halbfertig gedruckt, zum genannten Termin für ca. 550 Mio Mark in Abschnitten von 5, 20 und 50 Mark. Außerdem war vorgesehen, sogenannte "Interimsscheine" a 500 Mark für insgesamt 400 Mio Mark herzustellen; hierfür war ebenfalls mit Papier und Maschinen gesorgt (6).
Nunmehr (vom 22.3.1912 bis 8.3.1913) konnten die bereits 1908-1911 hergestellten, aber für den Kriegsfall im Volumen von 603.145.000 M zunächst asservierten kleine Reichsbanknoten in Abschnitten von 20 und 50 M in Betrieb genommen werden (7).

Ausfertigung und Betrieb

Die Kontrolle über die Ausfertigung der Darlehnskassenscheine übte die Reichsschuldenkommission aus. Im Rahmen dieser Kontrolle wurden Berichte jeweils für ein Rechnungsjahr angefertigt und dem Reichstag vorgelegt. Ein Rechnungsjahr erstreckte sich vom 1.4. des Jahres bis zum 31.3. des Folgejahres. Die folgende Tabelle zeigt das Ergebnis für das Rechnungsjahr 1914, (4).

Tabelle 3: Darlehnskassenscheine am Ende des Rechnungsjahres 1914 laut Bericht der Reichschuldenkommission (4)


Von den erst 1916 ausgegebenen Abschnitten zu 50 Mark waren im Rechnungsjahr 1914 demnach bereits Dahrlehnskassenscheine über 15.000.000 Mark hergestellt und ausgefertigt worden. In den folgenden Jahren stieg das Volumen an ausgefertigten Dahrlehenskassenscheinen entsprechend der zulässigen Höchstbeträge an.

Tabelle 4: Betrieb an Darlehnskassenscheinen laut Berichten der Reichschuldenkommission, für die Rechnungsjahre 1914 bis 1925 (4)

Vernichtung

Bis zur letzten Revision am 4.2.1926 hatte die Reichsschuldenverwaltung an Darlehnskassenscheinen ausgefertigt und an die Hauptverwaltung der Darlehnskassen abgeliefert: 9.755.549.998.210.805.000 Mark. Davon wurden im Umtausch gegen kleinere Stücke zurückgegeben: 3.667.500.000 Mark und vernichtet wurden 9.755.550.001.878.305.000 Mark. Die verbleibenden 600.768.000 Mark verblieben im Umlauf (5).
Alle ausgefertigten, aber nicht in Umlauf gegebenen Scheine, wurden also vernichtet.

Auflösung der Darlehnskassen

Die Darlehnskassen wurden laut Bekanntmachung des Reichsministers der Finanzen (vgl. Erlass Nr. 7 vom 17. März 1924) mit dem 30. April 1924 aufgelöst (2).

Weitere Informationen

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Literatur- und Bildnachweis

  • (1) Darlehnskassengesetz RGBl. 1914, S.340, §§ 1, 2, 13, 18
  • (2) Johannes Notzke, Das Bankgesetz und das Statut der Reichsbank, 2. Auflage, S.201-202, Berlin 1924
  • (3) Reichsbankdirektorium, Verwaltungsbericht der Reichsbank für das Jahr 1918, Reichsdruckerei, Berlin 31.03.1919
  • (4) Berichte der Reichschuldenkommission für die Rechnungsjahre 1914 bis 1925, Verhandlungen des Reichstages
  • (5) Bericht des Reichsschuldenausschusses für die Jahre 1926 und 1927, Verhandlungen des Reichstages, Bd. 430, Aktenstück No.66, 1928
  • (6) Reinhold Zilch, Die Reichsbank und die finanzielle Kriegsvorbereitung von 1907 bis 1914, S. 123-125, Akademie-Verlag, Berlin 1987
  • (7) Bericht der Reichsschuldenkommission, vom 8.3.1913, Seite 9, Verhandlungen des Reichstags, Bd. 302, Aktenstück Nr. 999, 1914