Notgeld: München (Reichspostministerium)

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Das Notgeld des Reichspostministeriums Abt. München von 1923

Einleitung

Das Reichspostministerium entstand 1919 in Berlin aus dem Reichspostamt der ehemaligen kaiserlichen Reichspost. Die Abteilung München war innerhalb des Ministeriums zuständig für die Verwaltung aller Postdienstellen in Bayern. 1945 wurde das Ministerium aufgelöst.

Zur Behebung des inflationsbedingten Bargeldmangels gaben das Reichspostministerium in Berlin, die Abteilung München des Reichspostministeriums, mehrere Oberpostdirektionen und auch einige Postdienststellen ab August 1923 Gutscheine für einen späteren Umtausch gegen gesetzliche Zahlungsmittel als eigenes Notgeld heraus. Während einige der Direktionen eigene Gutscheine mit individuellen Gestaltungen drucken ließen (z.B. OPD Chemnitz, OPD Dresden, OPD Hamburg), wählten andere einen pragmatischeren Ansatz, indem sie ungenutzte Überweisungsformulare ihrer jeweiligen Postscheckämter überdrucken ließen. Grund hierfür war vermutlich ein akuter Mangel an geeignetem Druckpapier. Ein Teil der Formulare war dabei auf Papier mit dem Wasserzeichen Kreuz-Ringel-Muster (Lehrke 26, [1]) gedruckt, was eine Fälschung der Gutscheine erschwert hat. Ursprünglich waren jeweils 50 Vordrucke zu einem Abreissblock zusammengeheftet, jeder Block mit einer eigenen Kontrollnummer unten und jedes Blatt mit einer Blattnummer oben.

Die Gutscheine des Reichspostministeriums Abt. München

Alle auf "Mark" lautenden Gutscheine des Reichspostministeriums Abt. München wurden von den beiden Postscheckämtern München (Ordnungsnummer 20) und Nürnberg (Ordnungsnummer 21) hergestellt und ausgegeben. Beide verwendeten dafür Vordrucke aus ihren jeweiligen Häusern. Für den Druck der Gutscheine wurden die Blätter zunächst durch Abschneiden des linken Heftrands mit dem Kontrollabschnitt und des Lastschriftzettels an der rechten Seite wieder vereinzelt. Alle Scheine tragen die Unterschrift "Dr. Schätzel" (Dr. Georg Schätzel, vom November 1922 bis Januar 1927 Staatssekretär im Reichspostministerium und Leiter der Abteilung München). Auf den ersten Gutscheinen über Zehn Millionen Mark mit der Ordnungsnummer 20 wurde die Signatur noch nach dem Druck durch zwei verschiedene Unterschriftenstempel (Bild 1a, 1b) aufgebracht, bei allen späteren Gutscheinen ist sie mitgedruckt (Bild 1c).

Bild 1: Varianten der Unterschriften Dr. Schätzel


Die Gültigkeit als Zahlungsmittel wurde zusätzlich unten links durch einen Hochdruckstempel des ausgebenden Postscheckamts mit Datum ausgewiesen. Diese Stempel kommen in verschiedenen Blautönen, Braun und auch in Rot vor. Bild 2 zeigt einige Varianten dieser Stempel.

Bild 2: Hochdruckstempel der Postscheckämter 20 und 21


Die ersten ausgegebenen Gutscheine hatten Nennwerte von fünf Millionen und zehn Millionen Mark und trugen das Datum 22. August 1923. Der Gutschein über fünf Millionen Mark wurde nur auf Vordrucke mit der Ordnungsnummer 21 gedruckt, der über zehn Millionen Mark kommt sowohl auf Vordrucken mit der Ordnungsnummer 20 als auch mit 21 vor. Allerdings sind bei beiden die Schriftarten verschieden, und auch das Druckbild ist leicht unterschiedlich ausgeführt.

Bild 3: Gutschein über 10 Millionen Mark, Ordnungsnummer 20
Bild 4: Gutscheine über 5 und 10 Millionen Mark, Ordnungsnummer 21


Nur bei diesen ersten Gutscheinen wurden auch die Rückseiten der Vordrucke mit einem Hinweis über die Dauer bzw. den Ablauf der Gültigkeit bedruckt, alle folgenden Gutscheine zeigen auf der Rückseite nur den unveränderten Formularaufdruck. Stattdessen wurde auf die Ablaufbedingungen auf der Vorderseite der Gutscheine hingewiesen. Diese ersten Gutscheine mit Nennwerten im Bereich von Millionen Mark hatten einen braunen Hochdruckstempel. Dabei entsprach das Datum des Stempels in der Regel dem des aufgedruckten Datums. Es kommen aber auch Gutscheine über zehn Millionen Mark mit einem abweichenden Datum vom 23.8.23 vor (Bild 4 rechts).
Mit Datum vom 26. Oktober 1923 erfolgte dann die Ausgabe eines weiteren Nennwerts, jetzt bereits über Hundert Milliarden Mark, in blauer Druckfarbe auf Vordrucken mit der Ordnungsnummer 20. Diese erfolgte in zwei zeitlich versetzten Ausgabeschritten. Der erste hatte einen blauen Stempel mit Datum 26.10.23, entsprechend dem auf dem Gutschein aufgedruckten Datum, der zweite einen braunen Stempel mit Datum 3.11.23. Das Gutscheindatum wurde dafür aber nicht mehr verändert.

Bild 5: Gutscheine über 100 Milliarden Mark, Ordnungsnummer 20


Zusätzlich gab das Postscheckamt München noch Gutscheine mit den vier Nennwerten Fünfhundert Milliarden, Eine Billion, Zehn Billionen und Fünfzig Billionen Mark heraus, ebenfalls mit Datum vom 26. Oktober 1923, und alle gedruckt auf Formulare mit der Ordnungsnummer 20.

Bild 6: Gutscheine über 500 Milliarden und 1 Billion Mark vom 26. Oktober 1923, Ordnungsnummer 20
Bild 7: Gutscheine über 10 und 50 Billionen Mark vom 26. Oktober 1923, Ordnungsnummer 20


Offensichtlich erforderte die inzwischen sehr weit fortgeschrittene Inflation und der weiterhin anhaltende Bargeldmangel die erneute Ausgabe von Gutscheinen, jetzt mit höheren Nennwerten bis in den Billionen Mark Bereich. Auffällig ist, dass bei allen Stempeln vom Postscheckamt München das Datum teilweise deutlich vom aufgedruckten abweicht. Vermutlich wurden diese Gutscheine bereits Mitte Oktober 1923 gedruckt, aber dann erst zu einem späteren Zeitpunkt und nach Bedarf gestempelt und in den Umlauf gegeben.
Auch das Postscheckamt Nürnberg gab mit Datum 29. Oktober 1923 eine Serie von Gutscheinen mit den fünf Nennwerten hundert Milliarden, fünfhundert Milliarden, Eine Billion, Zehn Billionen und Fünfzig Billionen Mark heraus, alle gedruckt auf Formulare mit der Ordnungsnummer 21. Anders als bei den Münchner Scheinen stimmen bei all diesen Nennwerten das aufgedruckte Datum und das Datum des Stempels überein. Dies lässt den Schluss zu, dass zunächst die vom PSchA Nürnberg produzierten Scheine am 29.10.23 in den Umlauf gelangten, und die höheren Nennwerte der Münchner Scheine erst später zeitnah durch stempeln aktiviert und ausgegeben wurden, sobald ein Zusatzbedarf festgestellt wurde.

Bild 8: Gutschein über 100 Milliarden Mark, Ordnungsnummer 21


Vom Gutschein über fünfhundert Milliarden Mark sind zwei Varianten bekannt, und zwar mit schwarzem und mit rotem Druck. Der Grund hierfür konnte bisher nicht geklärt werden.

Bild 9: Gutscheine über 500 Milliarden Mark, Ordnungsnummer 21


Bild 10: Gutscheine über 1 Billion, 10 und 50 Billionen Mark, Ordnungsnummer 21


Auffällig ist, dass alle Gutscheine mit Milliarden und Billionen Nennwerten auf Vordrucken mit der Ordnungsnummer 21 kein Wasserzeichen haben. Dies Rätsel löst sich, wenn man nachsieht, wann die dafür verwendeten Überweisungsformulare hergestellt wurden. Alle Vordrucke für Gutscheine aus München und für die Nürnberger Millionen Nennwerte waren bis einschließlich Januar 1923 auf Papier mit Wasserzeichen hergestellt worden. Aber die Formulare für die Gutscheine vom 29. Oktober 1923 aus Nürnberg wurden erst im August 1923 produziert, erkennbar an dem kleinen Druckvermerk ganz unten rechts, der bei all diesen Gutscheinen 8.23 lautet. Zu dieser Zeit waren praktisch alle Papierfabriken rund um die Uhr damit ausgelastet, das Papier für alle möglichen Druckaufträge herzustellen, und es war zunehmend schwierig, überhaupt Papier zu beschaffen. Man musste nehmen was verfügbar war, und für das nächste, vom PSchA 21 georderte Fertigungslos Überweisungsformulare, war im August 1923 wohl kein Wasserzeichenpapier mehr zu bekommen. Also wurde es auf Papier ohne Wasserzeichen gedruckt, und folglich hatten auch die später damit produzierten Gutscheine keines.
Ab Ende Oktober 1923 versuchten staatliche Stellen und größere Unternehmen, die galoppierende Inflation durch die Ausgabe von wertbeständigem, an den US-Dollar gekoppeltem und auf Gold lautendem Notgeld einzudämmen. Auch das Reichspostministerium Abt. München gab mit dem Datum 8. November 1923 auf "Mark Gold" lautende Notgeldscheine mit vier Nennwerten heraus. Diese relativ kleinformatigen Scheine (107 mm x 73 mm) sind beidseitig auf Wasserzeichenpapier (Kreuz-Ringel-Muster, Lehrke 26 [1]) gedruckt und tragen wieder die Unterschrift "Dr. Schätzel". Von diesen wertbeständigen Notgeldscheinen des Reichspostministeriums Abt. München sind eine Vielzahl von Varianten hinsichtlich der aufgedruckten Kontrollnummern bekannt.

Bild 11: Wasserzeichen "Kreuz-Ringel-Muster"


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Bild 12: Wertbeständige Notgeldscheine


Literatur- und Bildnachweis

[1] Kurt Lehrke: Deutsche Wertpapierwasserzeichen, Berlin 1954
Abbildungen aus der Sammlung des Autors

Siehe auch