Griechenland: Regierung der italienischen Ägäis-Inseln - Dodekanes und Rhodos 1942

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Regierung der italienischen Ägäis-Inseln - Dodekanes und Rhodos 1942

Ebenso wie es der Italienisch-Türkische Krieg der Giolitti-Regierung ermöglichte, Libyen dem Königreich Italien als Kolonie einzuverleiben, wurde die Insel Rhodos und der Dodekanes im November 1911 von Italien besetzt. Im Friedensvertrag von Lausanne vom 18. Oktober 1912 wurde der Dodekanes auch offiziell Italien zugesprochen.
Als im Frühling 1941 die italienischen und deutschen Truppen Griechenland besetzten, gewannen die italienichen Besitzungen in der Ägäis, und besonders Rhodos besonders an strategischer Bedeutung. Von hier aus konnten Bewegungen zur See und in der Luft im südöstlichen Mittelmeer ideal beobachtet werden. Aus diesem Grunde befand sich auf Rhodos eine starke Garnison der Achsenmächte. Nach der Kapitulation der italienischen und deutschen Truppen in Nordafrika im Mai 1943 wurde die Herrschaft der Alliierten zur See und zur Luft übermächtig. Die Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen Rhodos und dem Mutterland wurde immer schwieriger.
Zu dieser Zeit zirkulierten in den italienischen Besitzungen der Ägäis genau wie zuhause die italienischen Lire, und ab dem 19. August 1942 auch zusätzlich Scheine der Cassa Mediterranea di Credito per la Grecia im Werte von 100 Millionen Drachmen, nachdem der Finanzminister Italiens diese von der Banca d'Italia nach Rhodos hatte schicken lassen.
Rhodos hatte einen hohen Geldbedarf; nicht nur, um den Sold für die zahlreich stationierten Truppen zu bezahlen, sondern um sie auch mit Lebensmitteln zu versorgen, welche größtenteils von der benachbarten neutralen Türkei angekauft wurden.
Die Finanzlage, seit geraumer Zeit schon prekär genug, wurde durch den Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten am 8. September 1943 erst recht tragisch, als der Gouverneur der italienischen Inseln in der Ägäis, Admiral Igino Campioni, dem König treu blieb und sich dadurch natürlich mit der neuen Badoglio-Regierung verband. Er setzte sich sogleich mit dem englischen General Wilson in Verbindung und bat ihn, Rhodos zu besetzen.
Das deutsche Kommando in Athen, dem das natürlich sofort bekannt war, entsandte umgehend Truppen von Kreta nach Rhodos. Nach wenigen Tagen war der Widerstand Campionis gebrochen.
Am 18. September 1943 wurde Campioni gefangen genommen, unverzüglich mit einem Flugzeug nach Deutschland gebracht und wenig später an die Italienische Sozialrepublik übergeben. Dort wurde er zum Tod durch Erschießen verurteilt.
Angesichts der Ereignisse und insbesondere des tragischen Schicksals seines Chefs blieb in der Folge dem nun auf Rhodos amtierenden Vize-Gouverneur Ugo Faralli nicht viel anderes übrig, als sich schleunigst auf die Seite von Mussolinis Sozialrepublik zu stellen. Das deutsche Kommando auf Rhodos überließ Faralli zwar die Regierungsgewalt, ernannte ihn aber nicht zum Gouverneur. Auch erfolgte nie eine offizielle Ernennung durch die Republik von Salò (Sozialrepublik). Alle von ihm ausgegeben Erlässe und auch die Banknoten zeichnete er immer im Auftrag, also mit per il Governatore.
Schon bei seinem Amtsantritt als de-facto Gouverneur sah sich Faralli immensen finanziellen Schwierigkeiten gegenüber. Es klaffte ein riesiges Finanzloch - einerseits deswegen, weil die Deutschen ihm jegliche wirtschaftliche Hilfe verweigerten, andererseits, weil sie nichts dafür taten, ihm die Verbindung zur Sozialrepublik in Norditalien zu erleichtern. Faralli versuchte, mithilfe des Roten Kreuzes an die Gelder zu gelangen, welche italienische Arbeiter im Ausland an ihre Familien im Dodekanes überwiesen hatten. Aber trotz eines Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Sozialrepublik vom 30. Januar 1944 verhinderten die Deutschen diese Zahlungen.
Ein wenig zu Hilfe kam Faralli nur ein Dekret König Viktor Emanuels III. vom 21. September 1943, in welchem festgelegt war, daß Bankschecks sowohl in Italien als auch in den italienischen Besitzungen als Geldersatz umlaufen durften.
Zu dieser Zeit betrieben drei Banken auf Rhodos ihr Geschäft:

  • Banca d'Italia
  • Banco di Roma
  • Banco di Sicilia

Gestützt auf dieses Dekret verfügte Faralli nunmehr:

Schecks als Banknoten
Wir verfügen:
Von heute an sollen bis auf Widerruf Schecks der Filialen der Banca d'Italia, des Banco di Roma und des Banco di Sicilia - zahlbar an die Regierung der italienischen Inseln der Ägäis und ausgestellt von den Geschäftsführern der erwähnten Filialen - mit Blanko-Indossament¹ für alle Zahlungen regulären Banknoten gleichgesetzt umlaufen. Diese Schecks müssen von jedem angenommen und dürfen nicht indossiert werden. Abweichende Regelungen oder Beschränkungen existieren bis auf Widerruf dieses Dekrets nicht.

Rhodos, den 14. Oktober 1943

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Die Schecks wurden von den Truppen zwar recht gerne angenommen, aber die Zivilbevölkerung stand ihnen sehr mißtrauisch gegenüber. Besonders ungern wurden sie in der Türkei akzeptiert, wo man den Großteil der Lebensmittel einkaufen mußte.
So sah sich Faralli erneut in einer schwierigen finanziellen Situation. Er sandte dringende Bitten um Lebensmittel und Geld an den Außenminister der Sozialrepublik. Es wurden auch tatsächlich ein paar Schiffe mit Versorgungsgütern nach Rhodos in Marsch gesetzt, die aber alle von den Alliierten versenkt wurden. Daraufhin teilte man Faralli aus der fernen Sozialrepublik mit Bedauern mit, er müsse selber zusehen, wie er klarkommt und möge aus der schwierigen Lage das Bestmöglichste machen.
Mittlerweile waren den oben erwähnten drei Banken auf Rhodos zu allem Unglück auch noch die Scheckformulare ausgegangen.
In der Not begannen der Banco di Roma und der Banco di Sicilia, bereits einmal verwendete normale Schecks als Umlaufschecks zu verwenden, während die Banca d'Italia auf einmal Formulare ihrer Filiale in Frascati - überstempelt mit Sede di Rodi (Filiale Rhodos) - verwendete. Kein Mensch weiß bis heute, wie diese Formulare aus Frascati überhaupt nach Rhodos gelangt sind, wo sie nun wirklich nichts verloren hatten.
Am 21. April 1944 - nach einer Unterredung mit dem Chef der Banca d'Italia in Rhodos - gab Faralli ein Dekret heraus, mit welchem er die Ausgabe von Corso Legale-Noten (also gesetzlicher Zahlungsmittel) anordnete.
Die Scheine wurden von der Officina Grafica in Rhodos gedruckt. Es gab zwei Werte, nämlich 50 und 100 Lire. Glücklicherweise verfügte man noch über ausreichende Mengen Papier.

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Noten im Wert von 10 Millionen Lire wurden wie folgt gedruckt:

  • 50 Lire: 4 Serien (I, II, III, IV) von je 20.000 Stück = 4.000.000 Lire
  • 100 Lire: 3 Serien (A, B, C) von je 20.000 Stück = 6.000.000 Lire

Artikel 2 des Dekrets besagte: Als Sicherheit und Garantie dient ein im Sinne des Dekrets vom 8. April 1944 N°. 36 in der Filiale der Banca d'Italia in Rhodos hinterlegtes Sperrguthaben zugunsten des Governo delle Isole Italiane dell'Egeo in Höhe von 10 Millionen Lire.
Es ist sehr schwer vorstellbar, daß Faralli wirklich in der Lage gewesen ist, ein Kapital in Höhe von zehn Millionen Lire zu hinterlegen. Denn wäre er dazu imstande gewesen, so hätte er eigentlich keine Banknoten mehr drucken lassen müssen. Ganz sicher ist zu diesem Zweck kein Bargeld aus der Sozialrepublik direkt nach Rhodos gebracht worden. Das konnte ein später hierzu befragter griechischer Angestellter der Filiale eindeutig ausschließen. Flugzeuge und Schiffe zwischen der Sozialrepublik und Rhodos verkehrten schon lange keine mehr.
Auch wenn das Dekret erwähnt, daß die Summe bei der Filiale der Banca d'Italia in Rhodos hinterlegt ist, muß das noch lange nicht stimmen. Dem Geschäftsführer der Filiale ist wohl nicht viel anderes übriggeblieben, als den Wünschen Farallis, also des Repräsentanten der Sozialrepublik und somit Machthabers auf der Insel, ohne großen Widerspruch nachzukommen. Vielleicht hat eine Garantie seitens des Finanzministers der Sozialrepublik bestanden. Aber was konnte denn ein Minister der Republik von Salò im April 1944 noch groß garantieren? Zumal ja der Außenminister der Badoglio-Regierung in Rom, Graf Sforza, gegenüber den Alliierten schon den Verzicht Italiens auf den Dodekanes bestätigt hatte?
Wie auch immer, die beiden Geldscheine wurden definitiv ausgegeben, und zwar im Mai 1944 und sie konnten tatsächlich die Not des Herrn Vize-Gouverneurs Faralli kurzfristig lindern.
Im Oktober 1944 besetzten britische Einheiten Rhodos und brachten dort ihr eigenes von der British Military Authority herausgegebenes Besatzungsgeld in Umlauf.
Die Banca d'Italia in Rhodos aber führte trotz der alliierten Besetzung ihre Geschäfte weiter. Ihr oblag das Einziehen der beiden Corso Legale-Noten und der Schecks der drei Bankfilialen.
Am 31. März 1947 wurde Rhodos griechisches Territorium.
Per Dekret des neuen Gouverneurs Admiral Ionnides wurden vom 7. bis 12. April 1947 alle italienischen Lire, die Bankschecks, die [I]Corso Legale[/I]-Scheine und das britische Militärgeld durch griechische Drachmen ersetzt.
Dank der Erzählungen eines griechischen Kassierers bei der Banca d'Italia auf Rhodos, einem Herrn Katsatas, weiss man, daß bei der Umtauschaktion nur eine ganz geringe Menge italienischer Lire, aber praktisch alle ausgegebenen Schecks und Corso-Legale-Noten zurückgelaufen und eingetauscht worden sind.
Man kann sagen, daß die Schecks aller drei Banken äußerst schwer zu finden sind. Man weiss nur von je zwei bis drei Schecks pro Bank.
Die Corso-Legale-Noten sind extrem selten. Bis zu den 1970er Jahren kannte man nur drei bis vier Stück pro Wert. 1975 aber tauchten 40 Stück von jedem Wert in der Schweiz auf. Sie wurden sofort vom Sammlermarkt absorbiert.

¹ = Anmerkung des Übersetzers: also als assegno circolare, deutsch: Umlaufscheck als gesetzliches Zahlungsmittel


Quelle: Guido Crapanzano, Soldi d'Italia - Un secolo di cartamoneta Fondazione Cassa di Risparmio di Parma, 1995