Die Bedarfsdeckungsscheine bei Ehestandsdarlehen von 1933: Unterschied zwischen den Versionen

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Ehestandsdarlehen waren eine der ersten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung, um die Arbeitslosigkeit im Reich zu vermindern. Personen, welche die Ehe miteinander schlossen, konnte vom Reichsfinanzministerium auf Antrag bei der zuständigen Gemeinde ein Darlehen von bis zu 1.000 Reichsmark gewährt werden, wenn die künftige Ehefrau sich verpflichtete, ihre bestehende Anstellung aufzugeben bzw. keine andere aufzunehmen.<br><br>
 
Ehestandsdarlehen waren eine der ersten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung, um die Arbeitslosigkeit im Reich zu vermindern. Personen, welche die Ehe miteinander schlossen, konnte vom Reichsfinanzministerium auf Antrag bei der zuständigen Gemeinde ein Darlehen von bis zu 1.000 Reichsmark gewährt werden, wenn die künftige Ehefrau sich verpflichtete, ihre bestehende Anstellung aufzugeben bzw. keine andere aufzunehmen.<br><br>
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Ehestandsdarlehen waren unverzinslich und mit monatlichen Raten von 1% zurück zu zahlen. Sie berechtigten zum Erwerb von Möbeln und Haushaltsgegenständen in speziell dafür zugelassenen Verkaufsstellen. Bei der Geburt eines Kindes wurden jeweils 25% des Darlehensbetrages erlassen. Bekam eine Frau also vier Kinder war das Ehestandsdarlehen rückzahlungsfrei. In der Bevölkerung sprach man daher von der Möglichkeit, das Darlehen „abzukindern“.<br>
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Zur Finanzierung der Ehestandsdarlehen wurde eine Zwecksteuer eingeführt, die sogenannte Ehestandshilfe. Vom 1. Juli 1933 bis Ende 1934 wurde von allen ledigen und einkommenssteuerpflichtigen Personen unter 55 Jahren zwischen 2 und 5 Prozent des Bruttogehalts als Ehestandshilfe erhoben. Zwischen 1933 und 1937 wurden insgesamt etwa 700.000 Ehestandsdarlehen genehmigt und bis Ende Dezember 1940 Ehestandsdarlehen im Gesamtwert von etwas mehr als einer Milliarde Reichsmark gewährt. Insgesamt wurden von 1933 bis 1944 etwa 6,8 Milliarden Reichsmark für Ehestandsdarlehen ausgegeben. Die Ehestandsdarlehen erhöhten zwar die Heiratsziffern, die angestrebte Erhöhung der Geburtenzahl wurde jedoch nicht erreicht. Auch führte die Freisetzung der bislang von Frauen eingenommenen Arbeitsplätze nicht zu einer entsprechenden Besetzung dieser Stellen durch Männer.<br><br>
 
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Ehestandsdarlehen waren unverzinslich und mit monatlichen Raten von 1% zurück zu zahlen. Sie berechtigten zum Erwerb von Möbeln und Haushaltsgegenständen in speziell dafür zugelassenen Verkaufsstellen. Bei der Geburt eines Kindes wurden jeweils 25% des Darlehensbetrages erlassen. Bekam eine Frau also vier Kinder war das Ehestandsdarlehen rückzahlungsfrei. In der Bevölkerung sprach man daher von der Möglichkeit, das Darlehen „abzukindern“.<br>
 
Zur Finanzierung der Ehestandsdarlehen wurde eine Zwecksteuer eingeführt, die sogenannte Ehestandshilfe. Vom 1. Juli 1933 bis Ende 1934 wurde von allen ledigen und einkommenssteuerpflichtigen Personen unter 55 Jahren zwischen 2 und 5 Prozent des Bruttogehalts als Ehestandshilfe erhoben. Zwischen 1933 und 1937 wurden insgesamt etwa 700.000 Ehestandsdarlehen genehmigt und bis Ende Dezember 1940 Ehestandsdarlehen im Gesamtwert von etwas mehr als einer Milliarde Reichsmark gewährt. Insgesamt wurden von 1933 bis 1944 etwa 6,8 Milliarden Reichsmark für Ehestandsdarlehen ausgegeben. Die Ehestandsdarlehen erhöhten zwar die Heiratsziffern, die angestrebte Erhöhung der Geburtenzahl wurde jedoch nicht erreicht. Auch führte die Freisetzung der bislang von Frauen eingenommenen Arbeitsplätze nicht zu einer entsprechenden Besetzung dieser Stellen durch Männer.<br><br>
 
 
Die aus den Ehestandsdarlehen resultierenden Bedarfsdeckungsscheine wurden zu Nennwerten von 10, 20, 50 und 100 Reichsmark in Abrissblöcken zu jeweils 100 Stück von der Reichsdruckerei Berlin auf Wasserzeichenpapier hergestellt. Es wurden bisher zwei verschiedene Wasserzeichen dokumentiert (Wasserzeichen Schuppen und Wasserzeichen Kreuze). Für alle Nominale konnten beide Wasserzeichen nachgewiesen werden. Eine Verwendung von weiteren Wasserzeichen kann bei allen Nominalen derzeit noch nicht ausgeschlossen werden.<br><br>
 
Die aus den Ehestandsdarlehen resultierenden Bedarfsdeckungsscheine wurden zu Nennwerten von 10, 20, 50 und 100 Reichsmark in Abrissblöcken zu jeweils 100 Stück von der Reichsdruckerei Berlin auf Wasserzeichenpapier hergestellt. Es wurden bisher zwei verschiedene Wasserzeichen dokumentiert (Wasserzeichen Schuppen und Wasserzeichen Kreuze). Für alle Nominale konnten beide Wasserzeichen nachgewiesen werden. Eine Verwendung von weiteren Wasserzeichen kann bei allen Nominalen derzeit noch nicht ausgeschlossen werden.<br><br>
 
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Version vom 12. März 2020, 08:41 Uhr

Die Bedarfsdeckungsscheine bei Ehestandsdarlehen von 1933

Ehestandsdarlehen waren eine der ersten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung, um die Arbeitslosigkeit im Reich zu vermindern. Personen, welche die Ehe miteinander schlossen, konnte vom Reichsfinanzministerium auf Antrag bei der zuständigen Gemeinde ein Darlehen von bis zu 1.000 Reichsmark gewährt werden, wenn die künftige Ehefrau sich verpflichtete, ihre bestehende Anstellung aufzugeben bzw. keine andere aufzunehmen.

Antrag zur Gewährung eines Ehestandsdarlehens mit beiliegendem Personalfragebogen


Ehestandsdarlehen waren unverzinslich und mit monatlichen Raten von 1% zurück zu zahlen. Sie berechtigten zum Erwerb von Möbeln und Haushaltsgegenständen in speziell dafür zugelassenen Verkaufsstellen. Bei der Geburt eines Kindes wurden jeweils 25% des Darlehensbetrages erlassen. Bekam eine Frau also vier Kinder war das Ehestandsdarlehen rückzahlungsfrei. In der Bevölkerung sprach man daher von der Möglichkeit, das Darlehen „abzukindern“.
Zur Finanzierung der Ehestandsdarlehen wurde eine Zwecksteuer eingeführt, die sogenannte Ehestandshilfe. Vom 1. Juli 1933 bis Ende 1934 wurde von allen ledigen und einkommenssteuerpflichtigen Personen unter 55 Jahren zwischen 2 und 5 Prozent des Bruttogehalts als Ehestandshilfe erhoben. Zwischen 1933 und 1937 wurden insgesamt etwa 700.000 Ehestandsdarlehen genehmigt und bis Ende Dezember 1940 Ehestandsdarlehen im Gesamtwert von etwas mehr als einer Milliarde Reichsmark gewährt. Insgesamt wurden von 1933 bis 1944 etwa 6,8 Milliarden Reichsmark für Ehestandsdarlehen ausgegeben. Die Ehestandsdarlehen erhöhten zwar die Heiratsziffern, die angestrebte Erhöhung der Geburtenzahl wurde jedoch nicht erreicht. Auch führte die Freisetzung der bislang von Frauen eingenommenen Arbeitsplätze nicht zu einer entsprechenden Besetzung dieser Stellen durch Männer.

Bescheid über die Gewährung eines Ehestandsdarlehens durch das Finanzamt Quedlinburg, 1939


Die aus den Ehestandsdarlehen resultierenden Bedarfsdeckungsscheine wurden zu Nennwerten von 10, 20, 50 und 100 Reichsmark in Abrissblöcken zu jeweils 100 Stück von der Reichsdruckerei Berlin auf Wasserzeichenpapier hergestellt. Es wurden bisher zwei verschiedene Wasserzeichen dokumentiert (Wasserzeichen Schuppen und Wasserzeichen Kreuze). Für alle Nominale konnten beide Wasserzeichen nachgewiesen werden. Eine Verwendung von weiteren Wasserzeichen kann bei allen Nominalen derzeit noch nicht ausgeschlossen werden.

Abbildung der bisher nachgewiesenen Wasserzeichen Schuppen (links) und Kreuze (rechts) im Vergleich


Die Bedarfsdeckungsscheine tragen in der Regel rechts unten den Dienstsiegelabdruck des ausgebenden Finanzamts und waren bei Einlösung rückseitig mit Namenszeichnung des Darlehensempfängers auszufüllen und von der Verkaufsstelle zu bescheinigen.
Neben seinem Spezialkatalog "Bedarfsdeckungs- und Zinsvergütungsscheine des Reichsfinanzministeriums 1933 - 1945" veröffentlichte Hans-Georg Glasemann zu dieser Thematik einen Artikel in der Fachzeitschrift Münzen & Sammeln (Heft 3/2012) mit dem Titel "Die Bedarfsdeckungsscheine des Reichsfinanzministeriums – Ehestandsdarlehen", welcher Sammlern und Interessierten weitere umfangreiche Hintergrundinformationen vermittelt.


Abbildungen aller Nominale der Bedarfsdeckungsscheine bei Ehestandsdarlehen und der identischen Rückseite



Literatur- und Bildnachweis

  • Glasemann, Hans-Georg: Bedarfsdeckungs- und Zinsvergütungsscheine des Reichsfinanzministeriums 1933-1945, Finanzgeschichte und Katalog
  • Abbildungen aus der Sammlung des Autors